Kleinst-Uelzen - oder was?

Jetzt hat Hamburg sie wirklich nicht mehr alle. Denn nicht nur einzelne Menschen können sich krankhaft überhöhen, um auf andere herunterzugucken, sondern auch Kollektive, auch Städte auf Städte. Und was am 9. August in der WELT stand, ist mehr als Überhöhung. Das ist die Höhe! Die große WELT schrieb über die Uni unserer Nachbarin Lüneburg. Sehr gut übrigens. Das kommt ihr zu. Das hat sie auch in unseren Augen verdient, die wir reihenweise unsere Frauen von der Vorgängerin, der alten, lieben PH holten. Aber in dem Bericht heisst es, diese Uni liege in dem „Heidestädtchen" Lüneburg. „chen!" Dies könnte uns ja eigentlich kalt lassen, aber unausgesprochen ist das ein Angriff gegen uns. Stadt- und Kreisuelzener. Wenn Lüneburg „Heidestädtchen“ ist, was sind dann wir in der Sicht der Hamburger? Richtig: Weniger als „chen“. Durch die Diminuierungsform „Heidestädt-chen Lüneburg" will Hamburg gar nicht Lüneburg verunglimpfen. Was auch dumm wäre, weil 20 Prozent der Lüneburger Studenten aus Hamburg kommen und Lüneburg mehr lieben als die Überfüllung Hamburgs. Nein, der Aufsatz über den Studiengang der Uni Lüneburg im Städtchen Lüneburg ist nur aus der latenten Arroganz der Hamburger uns gegenüber, Uelzen aber, geschrieben worden um uns eins auszuwischen. Außerdem haben sie absichtlich einen Autor beauftragt, der ,,Constantin" (Giellies) heißt. Auch so ein Name mit Machtanspruch. Nach seiner Herabstufung Lüneburgs auf „chen" bleibt für Uelzen - richtig - nur noch als Image Richtung das „Nichts". Einmal schrieb ein Kollege von mir einen „herzlichen Gruß an Ihre liebe kleine Frau“. Selten hat sich Christine so geärgert über einen Kollegen und Gruß. Nicht das „liebe" ärgerte sie, sondern das „kleine". So was kommt von den Verkleinerungen, Verniedlichungen. Und nun ist Lüneburg klein und niedlich, eben,“chen“. Und wir, ich wiederhole: Noch weniger. Aber ich wiederhole auch: Überhöhung seiner selbst und die Abwertung anderer ist Ausdruck von Krankheit. Hamburg braucht demnächst Hilfe. In seiner schwereren narzisstischen Störung. Denn zum Krankheitsverlauf gehört auch Depression. Und die wird Hamburg lindern wollen mit seinem Gegner, seinem Gegenteil. Und das sind wir. Und nicht das Heidestädtchen Lüneburg. Es hat schon begonnen mit der Therapie der Hamburger durch uns: z. B. hat mein früherer Bläserkamerad Brodermann vor den Toren Allenbostels einen ganzen Berg nur Hamburgern zur Verfügung gestellt, die sich dort in Ferienhäusern erholen müssen. Alles Flüchtlinge aus Hamburg. Und das sind inzwischen so viele, dass der ganze Berg schon „Hamburg Berg" heißt.

26. August 2003